26. Januar 2016

Briefing: Bekämpfung von Schwarzarbeit

In der kommenden Sitzungswoche des Europäischen Parlaments in Straßburg werden die Abgeordneten über die Einrichtung einer Europäischen Plattform zur Bekämpfung von Schwarzarbeit abstimmen. Terry Reintke ist Schattenberichterstatterin der Grünen/EFA-Fraktion.

Jedes Jahr gehen den EU-Mitgliedstaaten aufgrund von Schwarzarbeit 2,1 Trillionen Euro durch die Lappen. Trauriger Spitzenreiter ist Bulgarien mit einem geschätzten Umfang der Schattenwirtschaft von über 30 Prozent. Deutschland liegt mit einem Anteil von etwa 12 Prozent leicht unter dem EU-Durchschnitt von ungefähr 18 Prozent. Es ist überfällig, das Problem endlich europäisch anzugehen. Die Einrichtung einer europäischen Plattform zur Bekämpfung von Schwarzarbeit ist hierfür ein erster Schritt, aber der Austausch über Informationen und bewährte Strategien ist bei weitem nicht genug, um Schwarzarbeit effektiv zu bekämpfen.

Hier gibt es das Briefing als PDF-Datei.

 

Kurzinformation

Die Europäische Kommission hat im April 2014 ihren Vorschlag „über die Einrichtung einer Europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Prävention und Abschreckung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit“ vorgelegt. Dieser zielt darauf ab, nationale Durchsetzungsbehörden wie Arbeitsagenturen, Aufsichtsbehörden, Steuer- und Migrationsbehörden sowie die Sozialpartner auf europäischer Ebene zusammenzubringen, um Informationen und bewährte Praktiken bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit auszutauschen und die europäische Zusammenarbeit in diesem Bereich zu stärken.

Das Europäische Parlament hat im Herbst 2014 unter Berichterstatter Georgi Pirinski (S&D) seine Arbeit an diesem Dossier aufgenommen. Terry Reintke war als Schattenberichterstatterin der Grünen/EFA-Fraktion aktiv in die parlamentarische Arbeit eingebunden. Zudem war sie Mitglied des Verhandlungsteams des Europäischen Parlaments im Rahmen der Trilogverhandlungen zwischen der Europäischen Kommission, dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament, die von Juni bis November 2015 stattfanden.

Die Plenardebatte ist laut aktueller Planung für den 2. Februar 2016 ab 9:00 Uhr vorgesehen, die Plenarabstimmung soll ab 12:00 Uhr stattfinden. Beides kann per Livestream mitverfolgt werden.

 

Grüne Position

Ausbeutung und Steuerbetrug beenden!

Nicht angemeldete Erwerbstätigkeit ist eine schwere Form der Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Zudem verursacht sie unfairen Wettbewerb und erhebliche Schäden für die Wirtschaft. Der Kampf gegen Schwarzarbeit wird nur gelingen, wenn sich alle EU-Mitgliedstaaten daran beteiligen. Deshalb haben wir Grüne uns für die Einrichtung einer europäischen Plattform eingesetzt und erreicht, dass eine obligatorische Beteiligung aller EU-Mitgliedstaaten gewährleistet ist.

Kein Debattierclub!

Wir Grüne wollen keinen neuen Debattierclub, sondern eine Plattform, die effektiv und effizient arbeitet. Um Schwarzarbeit in all ihren Erscheinungsformen umfassend bekämpfen zu können, sprechen wir uns deutlich für eine Definition von Schwarzarbeit aus, die auch falsch deklarierte Erwerbstätigkeit und Scheinselbstständigkeit einschließt.

Unsichtbarer Ausbeutung von Frauen Einhalt gebieten!

Das Problem der Ausbeutung betrifft vor allem Frauen. Deshalb soll ein Arbeitsschwerpunkt der Plattform der Bereich der häuslichen Arbeit sein. Diese Arbeit, die vorwiegend von Frauen verrichtet wird, birgt besondere Herausforderungen, da sie vor allem vereinzelt und im informellen Sektor vorkommt und damit unsichtbar ist. Der unsichtbaren Ausbeutung von Frauen muss endlich Einhalt geboten werden.

Austausch auf EU-Ebene als Schlüssel zur Lösung!

Die Plattform soll unserer Meinung nach im ersten Schritt darauf abzielen, den Austausch über bewährte Praxis bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit zu erleichtern. Auf Grundlage dieser Informationen sollten der Plattform weitere Aufgaben zugetragen werden, insbesondere mit Hinblick auf Empfehlungen für die Weiterentwicklung von Rechtsvorschriften. Schwarzarbeit ist ein gesamteuropäisches Problem. Deshalb muss der Kampf gegen Schwarzarbeit auch als gesamteuropäische Aufgabe verstanden werden.

 

Hintergrund zu Schwarzarbeit

Der Anteil der Schattenwirtschaft in EU-Staaten wurde für das Jahr 2012 auf ungefähr 18,4 Prozent des BIP geschätzt. Allerdings ist es schwierig, das tatsächliche Ausmaß von Schwarzarbeit abzuschätzen, da die Ergebnisse der Konzepte und Methoden, die auf nationaler und europäischer Ebene angewendet werden, erheblich variieren. Arbeitslose Menschen, vor allem in Südeuropa, Jugendliche und Studierende sowie Menschen in einer schwierigen finanziellen Lage zählen zu den am meisten von Schwarzarbeit gefährdeten Gruppen. Zudem sind Männer häufiger involviert als Frauen.

Schwarzarbeit wird vor allem im Kontext persönlicher Beziehungen verrichtet. Nicht angemeldete Arbeit betrifft insbesondere die traditionellen Bereiche der Reparatur- und Renovierungsarbeiten, Gartenarbeiten, Reinigung sowie die Arbeit als Bedienpersonal. Hauptgründe sind niedrigere Preise und gegenseitige Vorteile, aber auch die Schwierigkeit, einen regulären Arbeitsplatz zu finden, Steuer- oder Sozialabgaben oder ein Mangel an anderen Einkommensquellen.

Es gibt Hinweise darauf, dass ein gutfunktionierender Sozialstaat die Steuermoral erhöht und damit Schwarzarbeit reduziert (ESDR 2013). In Übereinstimmung damit ist in Ländern, die sozialdemokratische Krisenmaßnahmen eingeleitet haben (höhere Ausgaben für arbeitsmarktpolitische Interventionen, soziale Sicherung, Umverteilung und Gleich-berechtigung) die Ausprägung von Schattenwirtschaften deutlich geringer (Eurofound 2013).