ThemenEuropa
19. Oktober 2017

Spendenaufruf: Seenotrettung in Catania

Die Flucht vor Krieg und all dem Leid, was damit zusammen hängt führt oft auf ein unsicheres Boot auf dem Mittelmeer. Legale Fluchtmöglichkeiten mit dem Flugzeug oder Zug nach Europa gibt es kaum.

Die Umstände sind denkbar schlecht und die EU gibt sich alle Mühe, keinen Pull-Faktor darzustellen, doch Alternativen scheinen noch auswegloser; die letzte Hoffnung liegt zwischen Gischt, Wellen und Schlauchbootwand.

Zwischen Januar 2017 und Mai 2017 sind 49.310 Menschen über das Mittelmeer geflohen. Der sogenannte „Flüchtlings-Deal“ zwischen Merkel und Erdogan hat dazu geführt, dass diese Zahl nur ein Viertel von dem ist, was im Vorjahr gezählt wurde. Einer von 37 Menschen, die die Überfahrt antreten, stirbt, sagt die Statistik der Vereinten Nationen. Die Schlepper werde immer skrupelloser, es werden mehr Menschen auf ein Boot gesteckt. 2015 ist rechnerisch nur eine Person von 137 ums Leben gekommen. Das Drama ist real und wir müssen handeln, um endlich das Sterben im Massengrab Mittelmeer zu beenden!

Politische Entscheidungen sind immer auch ethische Entscheidungen. Die ethischen Vorstellungen von Politiker*innen bestimmen den politischen Kurs. Das birgt viel Potential für Authentizität, für Menschlichkeit. Wenn jedoch Menschen in die Parlamente gewählt werden, deren moralische Vorstellungen auf Menschenfeindlichkeit und Abschottung beruhen, dann wird es gefährlich. In Deutschland haben wir diesen Fall seit der letzten Bundestagswahl. Deutschland ist das einwohner*innenreichste und wirtschaftsstärkste Land in der EU und es ist nicht zu weit gegriffen zu behaupten, dass damit Verantwortung und internationale Aufmerksamkeit auf uns ruhen. Das verleiht „deutschem“ Handeln ein gewisses Gewicht – wir können diese Verantwortung nutzen, um in wichtigen Projekten richtungsweisend zu sein.

Das Deutschland nach der Bundestagswahl präsentiert sich jedoch von dahingehend von einer entmutigenden Seite: Die aktuelle gesellschaftliche und politische Landschaft ist extrem gespalten, die politische Innovationskraft ist gebremst.

In meiner Heimatstadt Gelsenkirchen gibt es 258.000 Menschen, in Catania 313.000. Das sind schon 571.000 Menschen, die die Welt zu einem besseren Ort machen können. Stellt euch vor, dass alle diese Menschen für ein Hilfsprojekt wie das der SOS Méditerranée einen Euro spenden. Die Aquarius könnte fast 52 Tage lang Menschen im Mittelmeer retten.
Die Besatzung der Aquarius rettet manchmal 600 Schiffbrüchige in eineinhalb Tagen. Ihr Leitfaden: „Dieses Schiff hat das wichtigste Gut der Welt geladen. Die Leben der Menschen, die wir gerettet haben.“ 23 Menschen zählen zu der Besatzung, 11 Nautiker- und Techniker*innen und 12 Personen Rettungs- und medizinische Besatzung.

Private Nichtregierungsorganisation wie SOS Méditerranée sind extrem wichtig. Gleichzeitig werden sie extrem widersprüchlich portraitiert. Thomas de Maizière kritisierte die Seenotrettung und warf ihr vor, durch eine Werbewirkung letztendlich nur noch mehr Flüchtlinge in die Boote und in den Tod zu locken. Auch von Rechts werden private Seenotrettungsorganisationen beschimpft und im schlimmsten Fall sogar boykottiert: Die Identitären charterten im August 2017 ein eigenes Schiff, um die Arbeit der Seenotretter*innen zu behindern.

In der Europäischen Union kann es keine geteilte Solidarität geben. Die Staaten der Europäischen Union müssen an einem Strang ziehen!

Die doppelten Standards müssen ein Ende haben: Deutschland schiebt nach Afghanistan ab, Libyen ist der neue Partner wenn es darum geht, dass die Geflüchteten gar nicht erst in die Boote steigen und mit der Türkei gibt es den Deal, dass Geflüchtete nicht nach Deutschland weitergelassen werden. Und das, obwohl diese Staaten offensichtlich unsicher sind. Diese Doppelmoral ist unerträglich! Solange es keine ehrlichen Maßnahmen gibt, endlich den Diskurs um Obergrenzen und Co. zu verlassen und sich nur darauf zu konzentrieren, möglichst alle Menschenleben zu retten, darf sich die Europäische Union nicht mit den Adjektiven „human“ oder „moralisch“ schmücken.

 

Im Ruhrpott lernte ich, Dinge selbst anzupacken. Das gleiche kann man aber auch in Buxtehude, Timbuktu und Catania lernen. Was zählt, ist die Überzeugung. Mir hat mein Besuch noch einmal mehr vor Augen gehalten:

Es reicht nicht, wenn wir den Einsatz von SOS Méditerranée lediglich gutheißen. Wir müssen mit aller Deutlichkeit Position beziehen, wir müssen diese Rettung unterstützen und sie überall bekannt machen!

Helft mit, diese lebensnotwendige Arbeit zu ermöglichen und teilt diesen Spendenaufruf auch mit euren Freund*innen!