19. August 2015

Stellungnahme zu marginalisierten Gruppen

Heute, am 23. Juni 2015, hat der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten im Europäischen Parlament mehrheitlich für eine Stellungnahme zu Kohäsionspolitik und marginalisierten Gruppen von Berichterstatter Ádám Kósa (EVP) gestimmt. Terry hat an dieser Stellungnahme als Schattenberichterstatterin für die Grüne/EFA-Fraktion maßgeblich mitgewirkt und damit vor allem die sozialpolitische Dimension des Dokuments gestärkt. Die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten richtet sich an den Ausschuss für Regionale Entwicklung, in dem Terry als Berichterstatterin zum selben Thema demnächst ihren eigenen Initiativbericht vorstellen wird.

EU-Programme müssen marginalisierte Gruppen erreichen

Marginalisierte Gruppen werden häufig sozial ausgegrenzt und diskriminiert und sehen sich deshalb Hindernissen gegenüber, die den Zugang zu hochwertiger Bildung, rechtebasierter hochwertiger Beschäftigung, Gesundheitsversorgung, Transport, Informationen und Dienstleistungen im Allgemeinen betreffen. Dies stellt ein komplexes Problem dar, welchem durch den komplementären Einsatz von Strukturfonds begegnet werden muss. Deshalb müssen bereits bestehende EU-Programme wie die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, Erasmus+ und Kreatives Europa vor allem auch dafür genutzt werden, um verstärkt Angehörige marginalisierter Gruppen zu erreichen. Zudem muss der Erfolg der Reichweite dieser Programme ständig überwacht werden, um den Kreislauf von Armut und Marginalisierung endlich zu durchbrechen.

Vertragsverletzungsverfahren bei Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

Wir Grüne sind der Meinung, dass die Europäische Kommission streng kontrollieren sollte, ob der Grundsatz der Nichtdiskriminierung und entsprechende Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union befolgt werden. Deshalb setzen wir uns auch dafür ein, dass die Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einleiten kann, die gegen die Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (2000/43/EG) verstoßen.

Bessere Gesundheitsversorgung

Vor dem Hintergrund, dass Roma-Gemeinschaften, die die größte ethnische Minderheit in Europa bilden und zu den am meisten ausgegrenzten Gruppen in der Europäischen Union gehören, unter einem schlechteren Gesundheitszustand als der Rest der Bevölkerung leiden, sind für uns Grüne Gesundheitsaufklärung und eine gute Gesundheitsversorgung ein wichtiges Anliegen.

Nach Daten einer Erhebung der UNDP haben etwa 20 Prozent der Roma keine Krankenversicherung oder wissen nicht, ob sie eine haben. Zudem sind etwa 15 Prozent der Roma-Kinder unter 14 Jahre – im Vergleich zu 4 Prozent der Kinder aus Nicht-Roma-Familien – nicht geimpft. Deshalb fordern wir die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, zielgruppenorientiertes Informationsmaterial zum Thema Gesundheit und Strategien zur Vermeidung von Krankheiten bereitzustellen und auch Gemeinschaftsinitiativen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Roma-Gemeinschaften durchzuführen.

Bildung ist ein Grundrecht

Bildung ist ein im Vertrag über die Europäische Union verankertes Grundrecht. Deshalb muss allen Mitgliedern der Gesellschaft die Möglichkeit geben werden, hochwertige Bildung in Anspruch nehmen zu können. Dieser Anspruch scheint jedoch in eindeutigem Widerspruch zur derzeitigen Situation in den unterschiedlichen Bildungssystemen in Europa zu stehen: Es bestehen weiterhin Ungleichheiten, wobei die ererbte soziale Stellung das Hauptproblem ist. Hinzu kommt, dass Kinder aus benachteiligten Familien ohne jegliche Rechtfertigung überproportional oft an Sonderschulen beschult werden.

Wir Grüne sehen in der Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zu hochwertiger Bildung für alle Mitglieder der Gesellschaft den Schlüssel, um den Kreislauf der sozialen Ausgrenzung zu durchbrechen. Deshalb erachten wir Investitionen in Bildungsmaßnahmen für notwendig, damit alle Menschen in jedem Lebensabschnitt an stimulierenden Lernerfahrungen teilnehmen können und lebenslanges Lernen gefördert wird. Dies kann soziale Integration, eine aktive Bürgerschaft und finanzielle Selbständigkeit von benachteiligten Menschen verbessern sowie Dauerarbeitslosigkeit und deren stete Zunahme verhindern.

Armut trotz Arbeit verhindern

Angehörige marginalisierter Gruppen sind besonders häufig von Arbeitslosigkeit betroffen und ein erheblicher Anteil von Menschen in einer schwierigen sozialen Lage ist bezahlter Arbeit in prekären Beschäftigungsverhältnissen ausgesetzt. Das Phänomen „Armut trotz Arbeit“ wird langfristig folgenschwere Auswirkungen haben, wenn wir nichts dagegen tun. Deshalb fordern wir Grüne die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, Mindestlohnsysteme in Verbindung mit Sozialtransfers einzuführen, um ein ausreichendes Einkommen für ein menschenwürdiges Leben zu gewährleisten.

Außerdem fordern wir die Kommission auf, in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, den Gremien für Gleichstellungsfragen und anderen Menschenrechtsmechanismen die EU-Vorschriften gegen Diskriminierung, insbesondere in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Weiterbildung, rigoros durchzusetzen und zu überwachen. Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen müssen außerdem ihren Klient*innen, die sich in einer schwierigen Lage befinden, hochwertige und zielgruppenorientierte Dienstleitungen anbieten und für ihr Personal Fortbildungsveranstaltungen zur Sensibilisierung für vielfältige Formen von Benachteiligung von Arbeitslosen in schwierigen Situationen durchführen, um vorurteilsbehaftete und negative Einstellungen ihnen gegenüber zu beseitigen.