Europäische Arbeitsbehörde: Bewertung des Verhandlungsergebnisses
Nach einer intensiven Verhandlungsphase haben das Europäische Parlament, der Rat der EU und die Europäische Kommission heute die Trilogverhandlungen über die Einrichtung der Europäischen Arbeitsbehörde abgeschlossen.
Wir Grünen begrüßen das Verhandlungsergebnis und freuen uns, dass die Europäische Union nun ein Stück sozialer wird. Die Europäische Arbeitsbehörde wird eine Lücke bei der europäischen Arbeitsmobilität schließen und grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer*innen vor Ausbeutung durch kriminelle Netzwerke schützen.
Dies sind die wesentlichen Merkmale der neuen Arbeitsbehörde:
- Die Europäische Arbeitsbehörde soll die Mitgliedstaaten bei der Anwendung und Durchsetzung von Unionsrecht im Bereich der Arbeitskräftemobilität unterstützen. Sie soll insbesondere in Situationen tätig werden dürfen, in denen das uneingeschränkte Funktionieren des Binnenmarktes gefährdet ist. Hier werden explizit die Gefährdungen des Binnenmarkts durch Briefkastenfirmen, betrügerische Geschäftsmodelle oder Scheinselbstständigkeit genannt.
- Die Europäische Arbeitsbehörde soll gemeinsame und konzertierte Inspektionen zwischen den Mitgliedstaaten nicht nur koordinieren, sondern auch initiieren können. Die Sozialpartner in den Mitgliedstaaten haben das Recht, ihnen bekannte Fälle von vermuteten Rechtsbrüchen an die Behörde heranzutragen.
- Mitgliedstaaten, die nicht an konzertierten oder gemeinsamen Inspektionen teilnehmen wollen, müssen dafür keine Begründung abgeben, geschweige einen Vorschlag für eine anderweitige Lösung des Problems unterbreiten.
- Die Verwaltungs- und Leitungsstruktur („Management Board“) der Europäischen Arbeitsbehörde setzt sich aus zwei Repräsentant*innen der Kommission, jeweils einem Mitglied aus den Mitgliedstaaten sowie einer*m vom Europäischen Parlament ernannten Expert*in zusammen.
- Zudem wird es eine Gruppe der Interessensträger*innen („Stakeholder Group“) geben, die sich aus zehn Repräsentant*innen der Sozialpartner auf Unionsebene sowie zwei Mitgliedern der Europäischen Kommission zusammensetzt. Ihre Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, ihre Expertise einzubringen und die Behörde zu beraten.
- Lediglich das Koordinierungsbüro von EURES soll von der Behörde absorbiert werden, nicht aber die EURES-Grenzpartnerschaften. Das Sekretariat der Plattform zur Bekämpfung von Schwarzarbeit soll in die Arbeitsbehörde verlegt, die Plattform als solche aber erhalten bleiben.
- Die Europäische Arbeitsbehörde soll keine Anlaufstelle für die Beratung von Einzelpersonen werden. In diesem Punkt leisten bereits die EURES-Grenzpartnerschaften wertvolle Arbeit, weshalb ihre finanzielle Ausstattung auch in Zukunft abgesichert werden muss.
Gleichzeitig gibt es aber auch einige Punkte, bei denen die neue Behörde hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben ist:
- Die Europäische Arbeitsbehörde bekommt keine Befähigung zum Geben politischer Empfehlungen an die Kommission oder zur Aufforderung zur Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren.
- Die in der Verwaltungs- und Leitungsstruktur („Management Board“) der Europäischen Arbeitsbehörde vertretenen Sozialpartner haben kein Stimmrecht.
- Die für Mediationen zwischen den EU-Mitgliedstaaten erzielte Übereinkunft ist sehr undeutlich und in ihrer jetzigen Form vermutlich nicht praxistauglich, weil sie die arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Aspekte von Mediationsfällen künstlich voneinander trennt. Allerdings besteht für diesen spezifischen Artikel in fünf Jahren eine Überprüfungspflicht, sodass dann nochmal Nachbesserungen vorgenommen werden können.
Alles in allem kann die neue Arbeitsbehörde aber dazu beitragen, dass Briefkastenfirmen, Scheinselbstständigkeit und andere betrügerische Geschäftsmodelle weniger Chancen haben, im Kompetenzwirrwarr der einzelnen EU-Mitgliedstaaten unterzugehen. Ich setze auf eine enge Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, um zwielichtigen Machenschaften bei der Arbeitsmobilität ein Ende zu bereiten.