Eine Foto zeigt Hände, die übereinander liegen.
16. November 2018

Grüne Kernforderungen zum Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+)

Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist seit 60 Jahren das wichtigste Finanzierunginstrument der Europäischen Union zur Förderung von Beschäftigung und sozialer Integration. Wir befinden uns zurzeit inmitten der Verhandlungen über den neuen Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+), die Terry Reintke als Verhandlungsführerin für die Grüne Fraktion im Europäischen Parlament aktiv begleitet.

Um es vorweg zu nehmen: Der Vorschlag der Europäischen Kommission stellt eine solide Verhandlungsbasis dar. Dennoch sehen wir durchaus Verbesserungspotenzial. Was wollen wir Grüne eigentlich erreichen und wo setzen wir inhaltliche Akzente? Dies sind unsere Kernforderungen:

1. Erhöhung der ESF+-Mittel für soziale Inklusion

Wir schlagen vor, dass die die Mitgliedstaaten mindestens 30 Prozent (statt 25 Prozent) ihrer ESF+-Mittel unter geteilter Mittelverwaltung für das Ziel der sozialen Inklusion zur Verfügung stellen müssen. Dabei soll darauf geachtet werden, dass diese Mittel tatsächlich für Maßnahmen der sozialen Inklusion – wie beispielsweise für lebenslanges Lernen, die Bekämpfung von materieller Armut oder die Inklusion von Menschen mit Behinderung – ausgegeben werden und nicht für reine arbeitsmarktpolitische Aktivierungsmaßnahmen, die bereits mit einem deutlich größeren Anteil des ESF+ abgedeckt sind.

Zusätzlich fordern wir, dass mindestens 4 Prozent (statt 2 Prozent) der ESF+-Mittel für die Bekämpfung von materieller Armut und die Inklusion der am stärksten benachteiligten Personen ausgegeben werden müssen. Diese Mittel ersetzen den derzeitigen Fonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) und müssen zusätzlich zu den 30 Prozent für soziale Inklusion bereitgestellt werden (statt ein Teil dieser zu sein). Da die Kofinanzierungssätze seitens der EU für den ESF+ enorm abgesenkt werden (von 80 auf 55 Prozent für Übergangsregionen und von 50 auf 40 Prozent für stärker entwickelte Regionen), halten wir es für essenziell, eine Kofinanzierungsrate von 85 Prozent für alle EHAP-Folgemaßnahmen beizubehalten. Nur so kann der Fortbestand der laufenden Projekte gesichert werden.

2. Inklusion von Drittstaatenangehörigen und marginalisierten Gruppen

Wir wollen eine neue Zweckbindung von Mitteln für die Inklusion von Drittstaatenangehörigen und marginalisierten Gruppen einführen: Mindestens 2 Prozent der zuvor genannten 30 Prozent an ESF+-Mitteln für soziale Inklusion sollen ausschließlich für Maßnahmen ausgegeben werden, die auf die Inklusion von Drittstaatenangehörigen – einschließlich Geflüchteten, Asylbewerber*innen, undokumentierten Migrant*innen und Staatenlosen – und marginalisierten Gruppen abzielen. Damit können wir alle Mitgliedstaaten dazu verpflichten, sich beispielsweise der Belange der Sinti und Roma sowie anderer marginalisierter Gruppen anzunehmen.

3. Einhaltung der Charta der Grundrechte

Alle Mitgliedstaaten müssen bei der Umsetzung des ESF+ die Achtung der Grundrechte und die Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sicherstellen. Wir fordern, dass die Förderfähigkeit von Ausgaben im Rahmen von ESF+-Projekten an die Einhaltung der Charta geknüpft sein muss.

4. Ausbau der sozialen Dimension des Europäischen Semesters

Die in den länderspezifischen Empfehlungen genannten sozialen Prioritäten müssen mit der Europäischen Säule sozialer Rechte und den Zielen für nachhaltige Entwicklung in Einklang stehen. Deshalb fordern wir die Europäische Kommission auf, jährlich zu überprüfen, ob die vorgeschlagenen Operationellen Programme hinlänglich für die Umsetzung dieser sozialen Prioritäten sind. Sollten die Operationellen Programme oder die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Maßnahmen unzureichend sein, dann soll die Europäische Kommission ihre Anpassung vorschlagen.

5. Steuerung eines gerechten sozialen Wandels

Wir schlagen vor, dass die Mitgliedstaaten Aktionspläne für den gerechten sozialen Wandel („Just Transition Roadmaps“) erarbeiten sollen. Diese Aktionspläne sollen regionale Maßnahmen für eine klimafreundliche und ressourceneffiziente Wirtschaftspolitik aufzeigen. Zudem schlagen wir vor, den Übergang zu einer klimafreundlichen, ressourceneffizienten und nachhaltigen Wirtschaft zu einem neuen spezifischen Ziel des ESF+ zu machen.

Nächste Schritte

Momentan befinden wir uns im Europäischen Parlament inmitten der Verhandlungen über den neuen ESF+. Die Abstimmung im Beschäftigungs- und Sozialausschuss ist für den 27. November 2018 angesetzt. Erklärtes Ziel ist, so rasch wie möglich in die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission und dem Rat der EU gehen zu können, um noch bis zum Ende dieser Legislaturperiode eine Einigung erzielen zu können.