Polen: Zwangspensionierung in der Justiz verstößt gegen EU-Recht
PRESSEMITTEILUNG – Brüssel, 11. April 2019
Am 3. April 2018 trat das neue polnische Gesetz zum Obersten Gerichtshof in Kraft. Mit diesem Gesetz wurde das Rentenalter für Richter*innen des Obersten Gerichtshofs auf 65 Jahre gesenkt. Die neue Altersgrenze wurde ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes gültig und schloss auch Richter*innen mit ein, die vor dem 3. April letzten Jahres ernannt wurden.
Richter*innen des Obersten Gerichtshofs können laut dem Gesetz über das 65. Lebensjahr hinaus im aktiven Gerichtsdienst bleiben, sofern sie eine Erklärung vorlegen, dass sie ihre Aufgaben weiterhin wahrnehmen möchten, sowie eine Bescheinigung einreichen, aus der hervorgeht, dass ihr Gesundheitszustand es ihnen erlaubt, weiterhin zu arbeiten. Außerdem brauchen sie eine Genehmigung vom Präsidenten der Republik Polen, wenn sie ihren Dienst fortführen möchten.
Wegen dieses Gesetzes mussten also Richter*innen des Obersten Gerichtshofs, die vor dem 3. April oder spätestens am 3. Juli 2018 das 65. Lebensjahr vollendet hatten, am 4. Juli 2018 in den Ruhestand gehen – es sei denn, sie hatten bis zum 3. Mai 2018 die Dokumente zur Fortführung ihres Dienstes am Obersten Gerichtshof und eine Erlaubnis des Präsidenten nachweisen können. Das Gesetz kommt einer Zwangspensionierung gleich und betrifft 27 von 73 derzeit angestellten Richter*innen am Obersten Gerichtshof.
Die Einschätzung des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs, Evgeni Tanchev, dass die Zwangspensionierung von Richter*innen und Staatsanwält*innen in Polen gegen EU-Recht verstößt, kommentiert Terry Reintke, Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament:
„Die polnische Regierung muss ihre Attacken auf die Unabhängigkeit der Justiz beenden und die undemokratische Justizreform zurücknehmen. Die Angriffe der PiS-Regierung auf die Unabhängigkeit der Justiz und die Ernennung der PiS genehmer Richter*innen und Staatsanwält*innen verstoßen gegen rechtsstaatliche Regeln und europäische Werte. Polens Platz ist im Herzen Europas, daran sollte sich die polnische Regierung erinnern.“
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird in den kommenden Wochen erwartet. Häufig folgt das Gericht den Schlussanträgen des Generalanwalts.