Europäische Arbeitsbehörde: Erfolg im Europäischen Parlament!
Heute, am 20. November 2018, hat der Beschäftigungs- und Sozialausschuss des Europäischen Parlaments über den Vorschlag zur Einrichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde abgestimmt.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht im Kern eine Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung beispielsweise durch die Durchführung von gemeinsamen Inspektionen sowie eine Vermittlung bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten zwischen nationalen Behörden vor. Darüber hinaus schlägt die Europäische Kommission eine Erleichterung des Zugangs von Einzelpersonen zu Informationen über ihre Rechte und Pflichten vor.
Der Beschäftigungs- und Sozialausschuss des Europäischen Parlaments hat sich heute auf eine gemeinsame Position geeinigt. Dies sind die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der Parlamentsposition im Vergleich zum Kommissionsvorschlag:
- Die Europäische Arbeitsbehörde soll die Mitgliedstaaten bei der Anwendung und Durchsetzung von Unionsrecht im Bereich der Arbeitskräftemobilität unterstützen. Sie soll insbesondere in Situationen tätig werden dürfen, in denen das uneingeschränkte Funktionieren des Binnenmarktes gefährdet ist. Hier werden explizit die Gefährdungen des Binnenmarkts durch Briefkastenfirmen, betrügerische Geschäftsmodelle oder Scheinselbstständigkeit genannt.
- Die Europäische Arbeitsbehörde soll gemeinsame Inspektionen zwischen den Mitgliedstaaten nicht nur koordinieren, sondern auch initiieren können. Die Sozialpartner in den Mitgliedstaaten haben das Recht, ihnen bekannte Fälle von vermuteten Rechtsbrüchen an die Behörde heranzutragen.
- Die Europäische Arbeitsbehörde soll befugt sein, politische Empfehlungen an die Europäische Kommission zur wirksamen Rechtsdurchsetzung zu formulieren, insbesondere zur Bekämpfung von Schwarzarbeit, Ausbeutung und Steuervermeidung. Sie darf die Europäische Kommission auch zur Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren auffordern.
- Die Verwaltungs- und Leitungsstruktur („Management Board“) der Europäischen Arbeitsbehörde soll sich nicht nur aus zwei Repräsentant*innen der Kommission sowie jeweils einem Mitglied aus den Mitgliedstaaten, sondern zusätzlich auch aus sechs Sozialpartnern auf Unionsebene sowie drei vom Europäischen Parlament ernannten Expert*innen zusammensetzen.
- Die Gruppe der Interessensträger*innen („Stakeholder Group“) soll aus zehn statt aus sechs Repräsentant*innen der Sozialpartner auf Unionsebene bestehen.
- Es soll keine Eingliederung von EURES oder der Administrativen Kommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in die Europäische Arbeitsbehörde erfolgen. Das Sekretariat der Plattform zur Bekämpfung von Schwarzarbeit soll in die Arbeitsbehörde verlegt, die Plattform als solche aber erhalten bleiben.
- Die Europäische Arbeitsbehörde soll keine Anlaufstelle für die Beratung von Einzelpersonen werden. In diesem Punkt leisten bereits die EURES-Grenzpartnerschaften wertvolle Arbeit, weshalb ihre finanzielle Ausstattung auch in Zukunft abgesichert werden muss.
Die verabschiedete Position des Beschäftigungs- und Sozialausschusses kann als durchaus progressiv im Vergleich zum Kommissionstext gewertet werden. Dennoch bedauern wir aus Sicht der Grünen/EFA-Fraktion, dass die folgenden Punkte im Parlament keine Mehrheit gefunden haben:
- Die Arbeitsbehörde darf keinen Beitrag dazu leisten, dass Arbeitnehmer*innen, denen die Auszahlung ihres rechtmäßigen Lohnes verwehrt wurde, dafür entschädigt werden.
- Die Arbeitsbehörde darf keine schwarze Liste von Unternehmen führen, die nicht die relevanten legalen Anforderungen erfüllen, um faire Mobilität zu gewährleisten.
- Es wurde leider keine Repräsentation von Expert*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen in der Gruppe der Interessensträger*innen („Stakeholder Group“) sichergestellt.
Nächste Schritte
Nach der heutigen Abstimmung, in der auch das Mandat für die Aufnahme der Trilogverhandlungen mit dem Rat der EU und der Europäischen Kommission erteilt wurde, wird es formal die Möglichkeit zur Anfechtung des Mandats im Plenum des Europäischen Parlaments geben. Wir erwarten jedoch nicht, dass dieser Fall eintritt. Stattdessen gehen wir davon aus, dass die Trilogverhandlungen sobald wie möglich aufgenommen werden können. Erklärtes Ziel ist, noch bis zum Ende dieser Legislaturperiode eine Einigung erzielen zu können.